Wir wollen für unsere zweite und größere Elternzeit-Reise dem „Was-zum-Teufel-machen-wir-hier-eigentlich?“- Phänomen und somit verfrühten Heimreisewünschen vorbeugen. Und zwar mit Sinn!
Nach unseren Erfahrungen sollte man es sich auf einer Elternzeit-Reise nicht schwerer als nötig machen und darauf achten, dass man auf eine Art und Weise reist, die einen den Baby-Alltag ähnlich komfortabel meistern lässt, wie zu Hause. Zum Beispiel in einer geräumigen Ferienwohnung mit Garten und dem Drogeriemarkt des Vertrauens um die Ecke. Am besten bei bestem Wetter.
Komfort oder Abenteuer?
Wenn man nun aber, so wie wir, etwas abenteuerlustiger und beim Reisen lieber unterwegs ist als an einem Fleck, dann wird das mit dem Komfort ein bisschen schwierig. Da muss dann was anderes her, das einen bei der Stange hält. Und zwar eine Mission! Ein übergeordnetes Ziel, ein Projekt oder eine Idee, die über alle Widrigkeiten und Probleme nicht nur motivational hinweghilft, sondern diese sogar per Definition in die ganze Sache mit einschließt.
Ein Beispiel
Vor ein paar Jahren habe ich in Norwegen einen Pilgerweg gemacht und, wie das beim Pilgern nun mal so ist, gab es einen klaren Startpunkt und ein klares Ziel. Es ist dabei überhaupt nicht vorgesehen, dass man diesen Weg problemlos und geschmeidig aus der Hüfte spaziert. Es ist vielmehr ein wichtiger Bestandteil des Ganzen, an seine Grenzen zu stoßen und täglich über sich hinaus zu wachsen. Dadurch kehrt so gut wie niemand von einer Pilgerreise völlig unverändert zurück. Der Weg macht was mit einem weil viele innere Prozesse durch die äußere, körperliche Bewegung ebenfalls in Gang gebracht werden. Sehr faszinierend finde ich das.
Das Pilger-Prinzip macht zufrieden
Noch bevor wir Kinder hatten, wurde diese Art zu Reisen für uns zum Favorit. Und zwar weil es eine Zufriedenheits-Garantie gibt. Eine tiefe Zufriedenheit, die unabhängig ist vom Wetter, der Unterkunft, der Landschaft oder dem Essen vor Ort, weil man sowieso nie länger als eine Nacht bleibt und – noch viel wichtiger – jeden Tag am Abend erfüllt ist vom Stolz, aus eigener Kraft diese Strecke bewältigt zu haben und seinem Ziel ein Stück näher zu sein. Das kann einem dann auch das schäbigste Hotel nicht mehr nehmen. Man ist frei von Erwartungen aber immer dankbar für das, was man vorfindet. So wanderten wir von Hütte zu Hütte um den Watzmann herum oder radelten nach Trier und zurück. Alle gnadenlosen Wolkenbrüche, unerwarteten Anstiege und kleinen Katastrophen wurden zu Legenden, an die wir gerne zurück denken.
Geht das auch mit Kindern?
Und deshalb wollen wir jetzt auch mit dem Fahrrad los. Erst haben wir es kategorisch ausgeschlossen weil das doch mit Kindern (!!) nicht geht. Aber wie so oft lohnt es sich, solche kategorischen Dinge hin und wieder zu hinterfragen. Es hat Klick gemacht und wir wussten einfach, dass wir es zumindest probieren müssen. Unsere äußerliche Mission ist es also, mit dem Fahrrad, aus eigener Kraft und weitgehend emissionsfrei nach Eckernförde ans Meer zu gelangen. Zusätzlich erhoffen wir uns, nach dem Pilgerprinzip, auch innere Bewegung in unsere großen Themen zu bringen. Wir haben keine geringere Frage im Gepäck als:
Wie wollen wir leben?
Wir fühlen uns so, als stünden wir in unserer Lebensphase an einer Weggabelung, an der es gilt, sich mit unseren Kernwerten auseinander zu setzen, die uns dann Orientierung für zukünftige Entscheidungen geben sollen. Wo wollen wir wohnen? Weiter in der Stadt, im Speckgürtel oder gar ganz aufs Land? Wollen wir etwas kaufen oder mieten, uns vergrößern oder eher verkleinern? Können wir uns alternative Wohnprojekte vorstellen? Welchen Raum sollen unsere Berufe und Berufungen einnehmen? Wer wollen wir als Familie sein? Was ist uns wirklich wichtig…?
Wir können natürlich nicht sicher sein, ob wir alle Antworten auf unserem Weg finden werden. Aber wir haben Vertrauen, dass das Bewegen heraus aus den gewohnten Strukturen und der Komfort-Zone sehr viel Potential in sich trägt, uns ihnen zumindest näher zu bringen. We’ll see!